Aktuelles
Die Leistung von Ausbildungsunterhalt für ein Studium des Kindes kann einem Elternteil unzumutbar sein, wenn das Kind bei Studienbeginn bereits das 25. Lebensjahr vollendet und den Elternteil nach dem Abitur nicht über seine Ausbildungspläne informiert hat, so dass der Elternteil nicht mehr damit rechnen musste, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden. BGH, Beschluss vom 3.5.2017 – XII ZB 415/16
Haben die Eltern ihrem Kind eine angemessene Ausbildung finanziert, welche seinen Begabungen und Neigungen entspricht, und findet das Kind in diesem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeitsstelle, sind die Eltern auch bei guter wirtschaftlicher Lage grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind eine weitere Berufsausbildung zu gewähren. OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.2018 - 7 UF 18/18
Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht. Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.
Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.
Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes. BGH, Beschluss vom 1.2.2017 – XII ZB 601/15
Das Gesetz enthält keine Beschränkung des Umgangsrechts dahingehend, dass vom Gericht angeordnete Umgangskontakte nicht zu hälftigen Betreuungsanteilen der Eltern führen dürfen. Voraussetzung für die Anordnung des Wechselmodells sind die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern, eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen sowie eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung des Kindes zu beiden Eltern.
Keine Voraussetzung ist hingegen, dass zwischen den Eltern Konsens über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell besteht.
Eine große Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern steht der Anordnung des Wechselmodells nicht entgegen, wenn das Kind noch nicht die Schule besucht. OLG Hamm, Beschluss vom 29.08.2017 - 11 UF 89/17
Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten.
Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen.
Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenen Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem – nur zwischen den Eltern bestehenden – familienrechtlichen Ausgleichsanspruch.
Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senat, NJW 2016, 1956 = FamRZ 2016, 1053). BGH, Beschluss vom 11.1.2017 – XII ZB 565/15
Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente.
Ein solcher Unterhaltsanspruch setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus. Der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassende Eigenbedarf kann in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen so genannten eheangemessenen Selbstbehalt bemessen werden. BGH, Beschluss vom 27.4.2016 – XII ZB 485/14
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Eltern, deren Arbeitsplatz sich zuhause befindet, stehen auf dem Weg zum und vom Kindergarten vom häuslichen Arbeitsplatz aus nicht unter Unfallversicherungsschutz gem. § 8 II SGB VII. BSG, Urteil vom 30.1.2020 – B 2 U 19/18 R
Der Versicherungsschutz gemäß § 8 SGB VII umfasst auch Unfallereignisse auf Wegen innerhalb des häuslichen Bereichs, wenn der Beschäftigte diesen Weg aus betrieblichen Gründen zurücklegt. BSG, Urteil vom 27.11.2018 – B 2 U 28/17 R
Eine besondere Addierungs- und Verstärkungswirkung mehrerer „gewöhnlicher“ Leistungseinschränkungen kann einen Summierungsfall begründen. Bei der Bewertung gesundheitlicher Einschränkungen sind nunmehr auch Verrichtungen, wie das Messen, Prüfen, Überwachen und die (Qualitäts-)Kontrolle von Produktionsvorgängen zu berücksichtigen. BSG, Urteil vom 31.12.2019 - B 13 R 7/18 R
Der Begriff der schwerwiegenden Erkrankung in § 31 SGB V ist ebenso wie der in § 35c Abs. 2 S. 1 SGB V beim sogenannten Off-Label-Use verwendete Erkrankungsbegriff zu verstehen. Es muss sich daher um eine Erkrankung handeln, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt und die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt
Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a) nicht zur Verfügung steht oder b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, 2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Hat der behandelnde Vertragsarzt im Verwaltungsverfahren eine „begründete Einschätzung“ nicht abgegeben, fehlt es an der in § 31 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 b SGB V genannten Anspruchsvoraussetzung, die auch durch nachgängige Ermittlungen von Amts wegen oder im gerichtlichen Verfahren nicht mehr durch etwaige Sachverständigengutachten nachgeholt oder substituiert werden kann. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2019 - L 11 KR 442/18 B ER